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In Ihrem eigenen Interesse:

Bitte befolgen Sie Tipps/Empfehlungen/Anregungen, die Sie hier oder anderswo im Internet gefunden haben, niemals, ohne das vorher mit Ihrem behandelnden Arzt, bzw. mit Ihrem Diabetesteam besprochen zu haben!

Wichtig!
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Geschichte 1941-2006

1941

Clinitest Die Firma Bayer bringt den Clinitest® auf den Markt. Tabletten, auf die man mit einer Pipette etwas Urin träufelt und so den ungefähren Urinzucker messen kann.

 

1942

Bei Forschungen um eine antimikrobielle Substanz wird von Hans Franke und Joachim Fuchs zufällig die Blutzuckersenkende Wirkung der Sulfonylharnstoffe erkannt.
Sulfonylharnstoffe der ersten Generation waren Carbutamid, Tolbutamid (Rastinon®) und Chlorpropamid.
Sulfonylharnstoffe der zweiten Generation kamen in den 70er Jahren auf den Markt und sind/waren Glibenclamid (Euglucon®), Gliclazid (Diamicron®) und andere.

Heute wird hauptsächlich ein Sulfonylharnstoff der dritten Generation eingesetzt, das Glimepirid (Amaryl®)

 

1951

Hoechst führt das Komb-Insulin ein, das zu einem Drittel aus Normalinsulin und zu zwei Dritteln aus Depot-Insulin besteht.

 

1955

Sanger Dem Biochemiker Frederick Sanger (1918-2013) gelingt es, die chemische Struktur des Insulins zu entschlüsseln, wofür man ihm 1958 den Nobelpreis für Chemie zuerkennt. Aufgrund seiner Forschungsarbeit wird es möglich, Insulin auch künstlich herzustellen.

 

1964

Forschergruppen um Elrick und McIntyre beschreiben erstmals etwas, was sie den Inkretin-Effekt nennen: verabreicht man Glucose oral, so ist der nachfolgende Insulinspiegel deutlich höher, als wenn man die gleiche Menge intravenös appliziert. Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu den Inkretin-Mimetika.

 

1965

Dextrosit, der erste Teststreifen zur Blutzuckerselbstbestimmung steht vor seiner Markteinführung und löst unter Diabetologen weltweit recht kontroverse Diskussionen darüber aus, ob der Diabetiker wirklich seinen BZ selber testen soll.

 

1967

Waren Insuline bisher ein Gemisch aus Rinder- und Schweineinsulin, so werden sie jetzt auf Monospezies-Insuline (also reines Schweine- und reines Rinderinsulin) umgestellt. Jüngste Forschungen haben nämlich ergeben, daß Schweineinsulin sich nur in einer Aminosäure vom Humaninsulin unterscheidet und besser verträglich ist als Rinderinsulin, das sich in drei Aminosäuren unterscheidet.

Die daraus folgende Therapieempfehlung ist, daß frisch entdeckte Diabetiker zunächst auf Rinderinsulin eingestellt werden und beim Auftreten von Allergien und Resistenzen zum Schweineinsulin übergegangen wird.

Des Weiteren konnte man in diesem Jahr die Reinigung der Präparate von Fremdeiweißen aus dem Verdauungssaft verbessern. Die Zahl der Resistenzen und Allergien sank daraufhin rapide.

 

1976

Rainer Obermeier und Rolf Geiger von der Firma Hoechst entwickeln eine Methode zur Semisynthese von Humaninsulin aus Schweineinsulin. Das heißt sie können die falsche Aminosäure abtrennen und gegen die ersetzen, die an dieser Stelle beim Humaninsulin vorkommt. (Die endständige AS Alanin an B30 wird dabei gegen Threonin ausgetauscht)

 

1979

David Goeddel und seine Forschergruppe entwickeln ein Verfahren zur gentechnischen Vollsynthese von Humaninsulin aus Escherichia-Coli Bakterien. Die werden quasi so "umprogrammiert", daß sie Humaninsulin produzieren, das anschließend in einem komplizierten Verfahren aufbereitet wird.

Dadurch wird die Insulinproduktion unabhängig von tierischen Bauchspeicheldrüsen. Dieser Schritt erscheint mehr als sinnvoll, denn Studien sagen voraus, daß bis zum Jahr 2000 der weltweite Insulinbedarf auf dem bisherigen Weg nicht mehr zu decken sein wird.

Im selben Jahr entwickelt Prof. Werner Creutzfeld (1924 - 2006) das 'Inkretinkonzept': Inkretine führen nach Nahrungsaufnahme glucoseabhängig zu einer vermehrten Freisetzung von Insulin. Leider ließ sich diese Entdeckung noch nicht nutzen, da die Plasmahalbwertzeit viel zu kurz war. Zu schnell wurden die Inkretine (vor allem GLP-1) wieder inaktiviert. Aber der Anreiz für weitere Forschung auf diesem Gebiet war geschaffen

 

1980

Die ersten Insulinpumpen, anfangs noch einfache Geräte, die bisher zur Schmerztherapie eingesetzt wurden kommen auf den Markt. Der "Mill-Hill Infusor" oder die "Auto Syringe 6C" haben nur eine feste Förderrate und den Bolus muss man von Hand durch drehen an einer Schraube abrufen. Die erste "richtige" Insulinpumpe wurde dann in Deutschland vorgestellt: die Siemens Promedos E1 (Bin ich der einzige, der da an Prometheus denken muss?)

 

1983

Einführung des Humaninsulins. Ist es in der Verträglichkeit den beiden anderen Insulinen (CR= Rinderinsulin, CS=Schweineinsulin, HM=Humaninsulin) auch deutlich überlegen, so ergeben sich doch Schwierigkeiten bei denen, die von Tierinsulin umsteigen wollen. Viele davon bemerken ihre Hypoglykämien nicht mehr rechtzeitig.

 

1985

Einführung des Insulinpens (Hier ist einer der ersten und schönsten Pens zu sehen.
Der Novo-Pen 1 hatte zwar keine Dosisvorwahl, war aber der eleganteste Pen, den es je gegeben hat)

 

1992

Der New Yorker Endokrinologe Dr. John Eng entdeckt ein Enzym im Speichel der Gila-Krustenechse, daß die gleichen Auswirkungen wie körpereigenes GLP-1 hat, im Organismus aber nicht so schnell inaktiviert wird. Zur Nutzung als Medikament muss jetzt noch erforscht werden, wie man Exendin-4 künstlich synthetisieren kann.

 

1996

Eine neue Klasse von "Kunstinsulinen" kommt erstmals auf den Markt, die sogenannten Analoga. Der Name bedeutet, daß dieser Stoff analog zum herkömmlichen Insulin wirkt. Den Anfang macht das kurz- und schnell wirkende Insulin Lispro (Humalog®).

 

2000

Nach den kurzwirkenden Analoga Humalog und NovoRapid gibt es nun auch ein langwirkendes Analogon: Das Insulin Glargin (Lantus®).

Auch auf dem Sektor der oralen Therapie tut sich einiges: die Gruppe der Glinide Repaglinide = Novonorm®) wird um die Nateglinide (Starlix®) ergänzt.

Die Thiazolidindione (Glitazone), bereits 1997 entwickelt aber durch das Präparat "Troglitazone" schwer unter Beschuss geraten (es kam zu fatalen, tödlich verlaufenden Zwischenfällen mit der Lebertoxizität) erleben einen neuen Aufschwung durch die Präparate Rosiglitazon (Avandia®) und Pioglitazon (Actos®)

Damit stehen jetzt Präparate zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 zur Verfügung, die direkt an den Ursachen ansetzen, indem sie die Insulinresistenz vermindern.

 

2005

Von der amerikanischen FDA wird das GLP-1 Analogon 'Exenatide' zugelassen, daß auf Basis der Forschung um Exendin-4 entwickelt wurde. Exenatide erhöht Glucoseabhängig den Insulinspiegel und muss zweimal täglich gespritzt werden. 2006 wurde es auch von der europäischen EMEA zugelassen und kam 2007 nach Deutschland.

 

2006

Ein neues orales Inkretinmimetikum, das 'Sitagliptin', wird von der FDA zugelassen. Es setzt auch auf den Inkretin-Effekt, aber von der anderen Seite: es blockiert das körpereigene Enzym DPP-4 (Dipeptidylpeptidase-4), das für die schnelle Inaktivierung des körpereigenen GLP-1 verantwortlich ist. Der Inkretineffekt kann so auch mit einem oralen Antidiabetikum genutzt werden. Die europäische Zulassung und der Vertrieb in Deutschland kamen ein Jahr später. 2008 folgte ein zweiter Wirkstoff, das 'Vildagliptin'.

 

Ich hoffe dieser kurze Exkurs in die Welt der diabetologischen Forschung hat ihnen beim Lesen ebenso viel Freude gemacht wie mir beim Schreiben!