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Bitte befolgen Sie Tipps/Empfehlungen/Anregungen, die Sie hier oder anderswo im Internet gefunden haben, niemals, ohne das vorher mit Ihrem behandelnden Arzt, bzw. mit Ihrem Diabetesteam besprochen zu haben!

Wichtig!
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Dawn oder Aufstehphänomen?

Mein BZ steigt nach dem Aufstehen rapide an, obwohl ich gar nichts esse. Woran kann das liegen?

Da gilt zunächst mal die Grundregel: Wenn der BZ steigt liegt ein Insulinmangel vor!

Es gibt dafür im Wesentlichen 2 mögliche Ursachen:

  1. Eine Lücke in der Basalversorgung.
    D.h. zu dem Zeitpunkt wo der Anstieg stattfindet wird grundsätzlich mehr Insulin benötigt als aus dem Depot im Unterhautfettgewebe „geliefert“ werden kann.
  2. Es ist das sogenannte „Aufstehphänomen“, also ein BZ-Anstieg durch einen hohen Spiegel an Insulin-Gegenspielern (=Hormone, die dem Insulin entgegengesetzt wirken)

Aufstehphänomen – was ist das?

Wenn man schläft, dann muss das Blut nicht gegen die Schwerkraft nach oben fließen. Im Stehen wird das durch Muskulatur der Blutgefäße, die deren Durchmesser beeinflusst geregelt: die Muskulatur zieht sich zusammen, dadurch werden die Gefäße enger und das Blut strömt stärker. Wie bei einem Gartenschlauch, wenn man den zusammenquetscht.

Nach längerer Zeit in der Waagerechten Lage entspannen sich diese Muskeln, weil das Blut auch so stark genug strömt. Würde man jetzt aufstehen und diese kleinen Muskeln würden sich nicht zusammenziehen, dann wäre die Strömung nicht mehr stark genug, um gegen die Schwerkraft anzukommen. Das Blut würde unten in den Beinen versacken, das Gehirn nicht mehr richtig durchblutet, den Gehirnzellen ginge der Sauerstoff aus. Man bekäme Schwindelgefühle und würde nach einiger Zeit bewusstlos.

Dagegen reagiert der Körper, indem er Hormone freisetzt. Insbesondere das aus der Nebenniere stammende „Noradrenalin“. Dies bewirkt, dass sich die Gefäße zusammenziehen, der Blutdruck steigt und somit auch das Gehirn ausreichend durchblutet wird.

Noradrenalin ist aber auch ein Insulinantagonist; ein „Insulin-Gegenspieler“. Es setzt also die Wirkung des Insulins herab (unterbindet Sie aber nicht ganz). Einfach ausgedrückt: wenn ein Schwall Noradrenalin ins Blut kommt kann das Insulin nicht mehr so stark wirken wie ohne Noradrenalin.

In dem Fall liegt dann u.U. ein relativer Insulinmangel vor und der BZ beginnt deshalb zu steigen.

Und was kann man dagegen tun?

Damit der BZ normal bleibt ist es wünschenswert, dass sich BZ-senkende Stoffe (Insulin) auf der einen Seite und BZ-erhöhende Stoffe (Glucose aus dem Essen, Glucose aus der Leber und Insulin-Gegenspieler) auf der anderen Seite im Gleichgewicht befinden.

Das ist wie bei einer Badewanne, die mit wohlig warmen Wasser gefüllt werden soll: dreht man das heiße Wasser zu sehr auf wird es genauso unangenehm, als wenn man das kalte Wasser zu sehr aufdreht. Drehe ich also auf der einen Seite, dann muss ich auch auf der anderen Seite drehen.

Das gilt hier auch: schüttet der Körper vermehrt Insulin-Gegenspieler aus, dann muss ich (als Typ-1-Diabetiker) mit Insulin gegensteuern.

Das Folgende aber bitte unbedingt und in jedem Fall vorher mit dem behandelnden Diabetesteam absprechen und nicht „auf eigene Faust“ versuchen!

Das kann man mit kleinen Mengen Bolusinsulin machen. Die einen nennen es „Morgengupf“, die anderen „Aufstehinsulin“.
Das Prinzip ist einfach: wenn ich genau weiß, dass jeden Morgen nach dem Aufstehen der BZ zu steigen beginnt, dann ist das so ähnlich wie bei einem Brötchen – dafür spritze ich ja auch schon vor dem Essen die passende Menge Insulin. Nur dass man für das Aufstehphänomen auch dann spritzt, wenn man nicht anschließend etwas isst.

Welche Dosis Insulin man dafür braucht kann man nicht berechnen; das muss jeder für sich selbst ausprobieren. Hierbei gilt: mit der kleinstmöglichen Dosis anfangen, den BZ danach sehr genau kontrollieren (mindestens einmal pro Stunde), Traubenzucker für den Notfall bereithalten.

Wenn man das an zwei Tagen hintereinander gemacht hat und die Dosis nicht ausreichte kann man vorsichtig in kleinen Schritten erhöhen, bis es passt.

Am besten geeignet dafür ist Normalinsulin, weil Insulinanaloga (wie Humalog, NovoRapid oder Apidra) zu schnell und nicht lange genug wirken. Ausnahme: Pumpenträger, denn die können es auch als verzögerten Bolus abgeben.

Und wie kann ich feststellen, ob ich jetzt eine Basallücke oder ein Aufstehphänomen habe?

Das Basalinsulin soll ja die Basalversorgung mit Insulin sicherstellen. Es hält den ganzen Tag über die Einflüsse der Insulin-Gegenspieler und der Glucose aus der Leber unter Kontrolle, so dass der BZ nicht übermäßig steigt oder fällt (wenn man nichts isst und sich nicht außergewöhnlich viel bewegt).

Hier mal zwei Beispiele:

Hans und Gabi stehen von Montag bis Freitag jeden Morgen um 06:00 Uhr auf um zur Arbeit zu gehen. Frühstücken mögen sie nicht, Sie essen beide erst zu Mittag etwas. Dabei ist ihnen aufgefallen, dass der BZ direkt nach dem Aufstehen immer zwischen 90 und 110 mg/dl liegt (5-6 mmol/l), drei Stunden später aber schon auf 150-160 mg/dl (8,3-8,9 mmol/l) angestiegen ist.
Am Wochenende steht Hans erst um 09:00 Uhr auf, mit einem BZ von 150-160 mg/dl.
Gabi steht um 08:00 Uhr auf, aber wie werktags auch mit einem BZ zwischen 90 und 110 mg/dl, ist dann nach zwei Stunden (ohne gefrühstückt zu haben) auch bei 150-160 mg/dl

Bei Hans ist der Anstieg an der Uhrzeit festzumachen. Hier ist eine Lücke in der Basalversorgung sehr wahrscheinlich.

Anders bei Gabi: hier folgt der BZ-Anstieg dem Zeitpunkt, zu dem Sie aufsteht, sich also von der waagerechten in die senkrechte Lage begibt. Das spricht schon sehr für ein Aufstehphänomen.

Und wie kommt es, dass manche einen Morgengupf brauchen und andere nicht?

Wie oben schon erwähnt sollten sich idealerweise Insulin und Gegenspieler im Gleichgewicht befinden. Erst wenn eine Seite zuviel Gewicht bekommt gerät das Gleichgewicht durcheinander.

Bei manchen Menschen werden mehr Hormone ausgeschüttet als bei anderen. Zudem ist die Insulinempfindlichkeit nicht bei jedem gleich. Und so kann es sein, dass der eine mit Insulin gegensteuern muss, während es beim anderen noch nicht nötig ist.

Aber wie gesagt: alles erst mit dem behandelndem Diabetesteam besprechen.

(dazu kann man dieses Dokument ja hier downloaden, ausdrucken und mitnehmen)