Continuous Glucose Monitoring System (CGMS)
CGMS sind Systeme, die kontinuierlich den Glucosegehalt im Zellzwischenwasser (=im Interstitium) messen. Im Blut wäre es zwar noch genauer, aber auch deutlich komplizierter und daher nicht für die tägliche Praxis tauglich.
Man müsste direkt eine Vene punktieren, was nicht ganz so einfach ist. Venöses Blut ist zudem glucoseärmer als arterielles oder kapilläres, weil dort ja schon Glucose von den Zellen entnommen wurde. Und Arterien zu punktieren ist eine ganz schlechte Idee. Erstens ist das noch schwieriger weil sie nicht so dicht unter der Haut verlaufen wie Venen und zweitens gibt das in ungeübten Händen eine höllische Sauerei, weil das Blut dort unter wesentlich höherem Druck steht als in den Venen.
Zudem wäre die Infektionsgefahr deutlich größer, weil der Katheter zur Messung eine kontinuierliche Keimschiene darstellt, an der Keime direkt ins Blut gelangen und dort eine Sepsis auslösen können.
Das Zellzwischenwasser (ZZW) ist aber ausreichend genau, denn wie wir aus dem Kapitel über die Nierenschwelle wissen findet über die Diffusion ohnehin ständig ein Stoffaustausch statt. Ist also der Glucosegehalt im Blut höher als im ZZW wandert die Glucose langsam dorthin. Und umgekehrt auch. Je stabiler der BZ ist, desto geringer sind die Unterschiede im Glucosegehalt dieser beiden Medien. Nur wenn der BZ sich schnell ändert ist dort eine Differenz festzustellen, die zeitlich etwa 10-15 Minuten beträgt. (Diffusion gibt es halt nicht im Turbo-Modus )
Die Idee, dann im ZZW den Glucosegehalt zu messen ist gar nicht mal so neu.
Das erste Gerät dazu war das 'Minimed CGMS Gold' und wurde schon 1999 von der FDA zugelassen. Es ist teilwiese auch heute noch im Einsatz, meistens in Kliniken oder Arztpraxen und misst alle 5 Minuten den Glucosewert. Für den Patienten der es trägt ist es auf den ersten Blick nicht so ergiebig, denn es misst nur den Wert, zeigt ihn aber nicht direkt an. Seine gesammelten Daten gibt es erst preis, wenn es über die Docking-Station auf dem Rechner des Arztes/der Klinik ausgelesen und mit der zugehörigen Software analysiert wird.
Klingt gemessen an den heutigen Möglichkeiten vielleicht anachronistisch, verhindert aber auch eine zu direkte Einflussnahme. Man will ja sehen was ist und nicht was sein sollte.
2003 kam dann das nächste Gerät dieser Art auf den Markt, das 'Menarini Glucoday S'. Es unterscheidet sich in Sachen Messung ein wenig von anderen CGM-Systemen, denn es arbeitete per Microdialyse. Basierend auf dem Prinzip der Dialyse wird ein Katheter mit einer semipermeablen (=halbdurchlässigen) Membran unter die Haut geschoben, über die die Glucose durch Diffusion zwischen dem ZZW und einer Dialyseflüssigkeit gewonnen und im Gerät analysiert wird. Anders als beim CGMS Gold kann der Arzt hier festlegen, ob der Patient die Werte sehen soll oder nicht. Für den täglichen Gebrauch Zuhause ist auch dieses Gerät nicht gedacht, denn der Katheter wird nicht einfach in die Haut, sondern durch die Haut geschoben und das muss von einem Arzt gemacht werden, der darin geschult ist. (Medizinisches Piercing... )
Das erste Gerät für den Heimgebrauch kam dann 2004 wieder von Medronic Minimed, der 'Guardian RT'. Das RT steht da vermutlich für "Radio Transmitter", denn es war das erste System, bei dem der Sensor die Messung (alle 5 Minuten) per Funk an einen Empfänger übermittelte. (Andererseits heißt das Gerät in der heute abgewandelten Form auch Guardian Real Time. Marketing eben...) Wie bei allen Geräten dieser Klasse wurde natürlich auch hier darauf hingewiesen, von der Anzeige keine Therapieentscheidungen abhängig zu machen, sondern erstmal auf herkömmlichem Weg den BZ zu überprüfen.
Dieses System ist in abgewandelter Form auch heute noch im Einsatz und kann mit den neueren Insulinpumpen von Medtronic gekoppelt werden, d.h. man braucht dann keinen separaten Empfänger mehr sondern kann den Messwert und die Meldungen direkt auf seiner Pumpe ablesen. Bei der neustens Pumpengeneration, der Medtronic Veo greift das System auf Wunsch sogar ins Geschehen ein, indem es z.B. bei einer Hypo die Insulinzufuhr aus der Pumpe unterbricht. Das Guardian RT misst zwar alle 10 Sekunden den Glucosewert, berechnet daraus aber einen Durchschnitt und zeigt den alle 5 Minuten an.
Schon 2007 erhielt dann Abbott die europäische Zulassung für seinen 'Freestyle Navigator'. Es zeigt pro Tag 1440 Glucosewerte an (einen pro Minute), warnt davor wenn der Glucosewert sich zu schnell ändert (das können die neueren CGMS aber alle) und kommt mit einer relativ kleinen Sensorplatte aus. Der Sensor kann bis zu 5 Tagen getragen werden und im Empfänger ist ein Freestyle Messgerät eingebaut, mit dem man die nötigen Kontroll- und Kalibrierungsmessungen durchführen kann. Bei uns im Forum gibt es einige die dieses Gerät nutzen und sehr zufrieden damit sind. Wie sich eine Messung mit dem Navigator in Korrelation zu herkömmlichen Messungen verhält können sie auf diesem Bild hier (Danke an K. für die Überlassung der Daten). Man kann darauf schon sehen daß es einen Zusammenhang gibt, aber auch, daß in den Zeiten in denen nicht herkömmlich gemessen wurde der BZ keineswegs gradlinig verläuft. Mittlerweile gibt es vom Navigator auch schon die zweite Generation
Der jüngste Zugang in Europa zu dieser Geräteklasse war dann 2009 das 'Dexcom Seven Plus' (der jetzt auch schon von seinem Nachfolger, dem Dexcom G4, abgelöst wurde). Was dieser Name ausdrücken sollte war die Tatsache, daß dieser Sensor 7 Tage lang getragen werden konnte. Interessanterweise plant man bei der Firma Omnipod eine Anbindung an das Dexcom System, ebenso wie eine Anbindung an den Freestyle Navigator.
Was mich daran so beeindruckt hat ist die Übereinstimmung der Messwerte vom Dexcom verglichen mit denen einer herkömmlichen BZ-Messung.
Wie Sie auf diesem Bild hier sehen können ist der Verlauf fast deckungsgleich. Die Messung mit dem BZ-Gerät wurde übrigens mit einem Accu-Chek Nano vorgenommen (Danke an G. für das Bild )
Was sich auf den Statistikbildern übrigens als dicke blaue Linie darstellt ist die Aneinandereihung der Messpunkte, die alle nach SiDiary übertragen wurden.
Zusammenfassend bleibt zu sagen:
CGMS stellt eine wunderbare Ergänzung der Diabetestherapie dar. Mit ihr kann man viel schneller und für den Patienten deutlich bequemer Therapieunsicherheiten aufdecken und dann eliminieren. Das Problem liegt allerdings in den Kosten, die bei ca. 250-350.- Euro pro Monat liegen (laufende Kosten). Hinzu kommen die Kosten für die Geräte selber (im vierstelligen Bereich), sowie mögliche Folgekosten durch Austausch von Transmittern, die ja auch nicht ewig halten.
Mittlerweile sind Krankenkassen aber immer öfter dazu bereit, bei entsprechender Indikation (stark schwankender Zuckerstoffwechsel und/oder geplante Schwangerschaft bei einer Diabetikerin) die Kosten zu übernehmen. In der Folge steigt natürlich der Absatz dieser Geräte, was zu sinkenden Preisen und damit breiterer Akzeptanz führen dürfte.
Auch eine Überlegung wert ist es z.B., solche Geräte nur teilweise zu tragen. Beispielsweise bei Beginn oder Umstellung einer Insulin(pumpen)therapie. Mir persönlich wäre es jedenfalls die 50-60.- Euro wert, um damit mal von Zeit zu Zeit genau zu überprüfen, was mein BZ eigentlich so treibt. Und angenehmer als ein Basaltest (insbesondere nachts) ist es allemal.
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