Insulin
Insulin wird in den Betazellen (auf dem Foto hier eingefärbt) der Langerhans'schen Inselzellen synthetisiert. Die Betazellen machen etwa 80% der Zellen innerhalb der Inselzellen aus.
Es ist ein Peptidhormon, das nicht nur den Blutzucker senkt sondern darüber hinaus auch noch andere Aufgaben im Körper erfüllt:
- Es steigert den Transport von Glucose in die Skelettmuskel- und Fettzellen
- Es steigert die Speicherung von Glucose in Muskel- und Leberzellen, bzw. hemmt deren Abbau
- Es hemmt die Lipolyse (=Abbau von Fetten durch Spaltung)
- Es hemmt die Gluconeogenese (=Zuckerneubildung)
In seiner Funktionsweise wird es von seinen Gegenspielern, den Antagonisten beeinflusst.
Insulin und Glucosestoffwechsel:
Um den Blutzucker möglichst konstant zu halten ist ein gut eingespieltes Gleichgewicht zwischen Insulin, Glukagon und Gluconeogenese (=Zuckerneubildung aus Milchsäure und Aminosäuren, den Eiweißbausteinen) erforderlich. Da die Gluconeogenese ein ständig laufender Prozess ist, um Nervenzellen zu ernähren (die ihre Energie ausschließlich aus Glucose gewinnen) muss natürlich auch ständig ein bestimmter Insulinspiegel aufrechterhalten werden. Daher reißt die Insulinproduktion nie ab. Im nachfolgenden Bild ist diese Basalsekretion blau dargestellt.
Die roten Gipfel entsprechen den Insulinausschüttungen, die nach einer kohlenhydrathaltigen Mahlzeit entstehen.
"Kohlenhydrate" ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Zucker (Saccharide), die als Monosaccharide (Einfachzucker; Glucose=Traubenzucker, Fructose=Fruchtzucker), Disaccharide (Zweifachzucker; Maltose=Malzzucker, Laktose=Milchzucker) und Polysaccharide ((Mehrfachzucker; Stärke, Dextran) vorkommen. (Eine Sonderform der Polysaccharide sind die Oligosaccharide, die aus maximal 12 Einzelmolekülen bestehen)
Der herkömmliche Haushaltszucker, die Saccharose oder auch Rohr- und Rübenzucker ist übrigens ein Disaccharid aus einem Molekül Glucose und einem Molekül Fructose.
Damit Kohlenhydrate ins Blut gelangen müssen sie oft erstmal gespalten werden, denn nur die Monosaccharide sind klein genug, um vom Zwölffingerdarm ins Blut zu gelangen. Die dafür notwendigen Enzyme beginnen ihre Wirkung schon im Mundspeichel. Sie werden das selbst feststellen können, wenn Sie ein Stück Brot etwas länger kauen: Weil die Stärke dann aufgespalten wird, beginnt es irgendwann süßlich zu schmecken.
Die endgültige Spaltung findet dann im Darm statt, und zwar durch das im Bauchspeichel enthaltene Enzym Amylase.
Allerdings können nicht alle Polysaccharide komplett aufgespalten werden (z.B. Sorbit, Mannit, Dextran), die daher als Zuckeraustauschstoffe Anwendung finden. (Sie bringen zwar den süßen Geschmack, landen aber nicht im Blut). Die unverdauten Reste werden dann mit dem Darm ausgeschieden, wo sie allerdings ihre osmotischen Kräfte nicht verlieren (Wasser wird im Darm gebunden), daher kommt es ab einer gewissen Menge zu breiigen Stühlen bis hin zu Durchfällen und Blähungen durch Fäulnisgase. Ähnlich bei der Fructose, wobei es hier nicht an mangelnder Spaltung liegt sondern an mangelnder Resorption ins Blut. (Merken sie sich dieses Prinzip, denn es ist notwendig um die häufigste Nebenwirkung des oralen Antidiabetikums Acarbose zu verstehen)
Über das Kapillarnetz (=die kleinsten Blutgefäße) der Darmzotten wird die Glucose dann ins Blut aufgenommen.
Der Sekretionsreiz, also der Reiz, der eine Insulinausschüttung bewirkt kann durch viele Mechanismen entstehen. Der erste Reiz ist ein hormongesteuerter, der schon beim Anblick der Speisen erfolgt. Ebenso wie beim zweiten Reiz über aus dem Magen-Darm-Trakt stammende Hormone, die beim Beginn der Verdauungsbewegungen abgegeben werden, werden hier kleinste Mengen Insulin freigesetzt, die bis dahin in den Granula (körnchenartige Gebilde) der Beta-Zelle zwischengespeichert waren. Das ist quasi die "Initialzündung" der Insulinantwort.
Der stärkste Reiz ist jedoch die Erhöhung der Glucosekonzentration im Blut, also des BZ-Spiegels. Dies löst eine kaskadische Reaktion innerhalb der Betazelle aus, durch die Insulin synthetisiert und freigesetzt wird.
Insulin wirkt dann blutzuckersenkend, indem es u.a. auf den Zellmembranen der Muskelzellen kleine Kanäle öffnet (nachdem es an den Insulinrezeptoren angedockt hat), durch die die Glucose in das Zellinnere gelangen kann (und somit aus dem Blut verschwindet). Das ist das, was bei vielen Diabetikerschulungen als "Schlüssel-Schloss-Prinzip" beschrieben wird. Die Zelle kann dann ihrerseits die Glucose zur Energiegewinnung "verbrennen" (oxidieren) oder sie als Speicherzucker (Glykogen) einlagern.
Nervenzellen benötigen kein Insulin, um aus dem vorbeifließenden Blut Glucose aufnehmen zu können. Irgendwie ganz sinnvoll, denn das sind ja die wichtigsten Zellen.
Organzellen benötigen nicht unbedingt Insulin, können aber mit Insulin "besser zulangen".
Muskelzellen sind dagegen schon sehr auf Insulin angewiesen. Mit einer Ausnahme: nach sportlicher Aktivität ist der interne Glucosevorrat der Muskelzelle derart aufgebraucht, dass sie ihre Kanäle schon fast von allein öffnet. Es kommt zur Insulinunabhängigen Glucoseaufnahme, bzw. das vorhandene Insulin wirkt dann stärker.
Sinkt der Blutzucker, so kehrt sich der kaskadische Prozess um und die Insulinsynthese/-freisetzung kommt zum Erliegen. Was dann nicht freigesetzt wurde wird in den Granula gespeichert.
Insulin und Fettstoffwechsel:
Insulin führt ja nicht nur den Muskelzellen die Glucose zu, sondern auch den Fettzellen. Von denen wird die Glucose zu Speicherfett "umgebaut" mit dem Ergebnis, dass die Fettzelle wächst. Gleichzeitig hemmt Insulin die Lipolyse, d.h. vorhandenes Körperfett wird weniger gut abgespalten und es wird schwieriger, sein Körpergewicht zu reduzieren.
Andererseits behindern die bei der Fettspaltung entstehenden und durch die Nahrung aufgenommenen freien Fettsäuren den Insulinrezeptor, so dass es zu einer Insulinresistenz kommen kann (weil das im Blut zirkulierende Insulin dann nicht mehr dort andocken kann). Man spricht dann auch von einer Fettsäureresistenz.
Insulin ist ein anaboles (=aufbauendes) Hormon, weswegen es auch in der Tiermast eingesetzt wird. (Stichwort: Masthormon). Nach dem zweiten Weltkrieg wurde unterernährten Stadtkindern Insulin in geringen Dosen verabreicht, damit sie leichter an Gewicht zulegen konnten.
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