Insulinüberschuss
Der Insulinüberschuss (Hyperinsulinämie) ist eigentlich kein physiologisches Phänomen sondern gehört eher in den Bereich der Pathophysiologie. Dennoch möchte ich ihn hier kurz abhandeln, da er thematisch zum vorherigen Thema "Insulinmangel" passt.
Vor allem trifft man auf einen Überschuss in der Anfangsphase eines Typ-2 Diabetes (so lange, bis infolge ständiger Überlastung der Betazellen auch hier ein absoluter Insulinmangel eintritt); natürlich bei Insulinüberdosierung und (recht selten) als Ausdruck eines Insulinoms (insulinproduzierender Betazell-Tumor).
Eine Überdosierung oder ein Insulinom führen unweigerlich zu einer Hypoglykämie, also einem Absinken des BZ unter einen Wert von etwa 50-60 mg/dl, so lautet die Definition.
In der Praxis aber hat das nur eine geringe Aussagekraft, denn der Zeitpunkt, ab dem die Hypoglykämiesymptome:
- Zittern
- Schweißausbrüche
- Allgemeine Schwäche und Unwohlsein
- Heißhungergefühl
- Herzklopfen
- Blutdruckanstieg
- Störung der Konzentrationsfähigkeit / Kognitive Störungen
...wahrgenommen werden ist bei jedem Pat. unterschiedlich; ja selbst bei ein und demselben Pat. kann es da zu Differenzen kommen. Also kann man sagen:
Eine Hypoglykämie ist das Absinken des Blutzuckers unter einen gewissen Schwellenwert ODER das Auftreten von Hypo-Symptomen
Unterteilen kann man eine Hypo in:
- Leichte Hypo = Man fühlt sich "komisch", kann sich aber selber behandeln
- Mittelschwere Hypo = Man wirkt bewusstseinsgetrübt, Bewegungen sind unkoordiniert
- Schwere Hypo = Bewusstlosigkeit ("Zuckerschock"), Fremdhilfe erforderlich.
(Die erforderliche Fremdhilfe definiert die schwere Hypo)
Maßgeblich für den Schwellenwert ist zum einen der durchschnittliche BZ, den der Pat. bisher hatte. Ein Diabetiker, der z.B. bisher durchschnittliche BZs um 300 mg/dl hatte kann sich möglicherweise schon bei Werten um 150 oder 200 mg/dl hypoglykämisch fühlen.
Beim Stoffwechselgesunden kann es zwar auch zu Hypoglykämien kommen, jedoch verlaufen diese infolge des noch intakten Regelmechanismusses wesentlich milder als bei einer Überdosierung oder einem Insulinom. Die Insulinproduktion/-sekretion wird nämlich bei einem niedrigen BZ einfach gestoppt, so dass die Wirkung der Insulingegenspieler überwiegt und es infolge dessen zu einer BZ-Gegenregulation mit nachfolgendem BZ-Anstieg kommt. Vor allem die Leber wird hierbei angeregt Glucose zu bilden und in das Blut abzugeben.
Beim insulinspritzenden Diabetiker ist das natürlich anders: Die bereits gespritzte Insulindosis verschwindet ja nicht einfach aus dem Unterhautfettgewebe, sondern wird weiterhin (trotz erniedrigtem BZ) vom Blut aufgenommen. Die Folge ist, dass der BZ immer weiter sinkt und das Insulin zudem die Wirkung der Hormone aufhebt, die an diesem Punkt bei einem Gesunden die Ausschüttung von Speicherzucker und die Zuckerneubildung in der Leber anregen.
Anders ist die Sachlage beim Typ 2:
Durch eine Insulinresistenz, also einer verminderten Insulinwirkung am Zielgewebe infolge herabgesetzter Zahl von Insulinrezeptoren, kann das vorhandene Insulin den BZ nicht in ausreichendem Maße senken.
Infolgedessen steigt der BZ weiter an, die Insulinproduktion wird gesteigert und es kommt zu einem Missverhältnis zwischen Insulin und Glucose. Der Insulinüberschuss bewirkt hier keine Hypoglykämie sondern führt zu einer weiteren Abnahme an Insulinrezeptoren (Down-Regulation) und zu einer gesteigerten Fetteinlagerung und Hemmung des Fettabbaus.
Erhöhte Insulinspiegel bewirken ihrerseits auch eine Zunahme des Hungergefühls, es wird also auch über den Bedarf hinaus gegessen. All dies führt zu einer Gewichtszunahme, die einen weiteren Bedarf an Insulin und somit eine Erhöhung des relativen Insulinmangels nach sich zieht. Zudem begünstigt dies eine Erhöhung der Blutfette. Kommt noch ein Bluthochdruck hinzu haben wir das Vollbild eines metabolischen Syndroms.
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